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Induktiver und mesomerer Effekt

Die Entstehung der Peaks eines Massenspektrums hängt im wesentlichen von drei Faktoren ab: (1) der Stärke der jeweiligen Bindung, (2) der induktive Effekt und (3) der mesomere Effekt.

Eine typische kovalente Bindung weist eine Bindungsenergie von ca. 10 bis 12 eV auf. Beschießt man nun - wie in der Elektronenstoßionisation - die Moleküle mit 70 eV, so kann man primär annehmen, dass die Stoßenergie eines einzelnen Elektrons ausreichen müsste mehrere Bindungen in Folge zu spalten. Generell weiß man, dass Fragmente die durch Spaltung schwacher Bindungen entstehen bevorzugt auftreten.

Bei genauerer Analyse eines Massenspektrums stellt man allerdings fest, dass viele Bindungen wenig oder gar nicht brechen, obwohl deren Bindungsenergie weit unter der Stoßenergie liegt. Für dieses Verhalten sind Faktoren verantwortlich, die sich aus der Elektronenverteilung im Molekül ableiten, und die dazu führen, dass positive Ionen stabilisiert werden.

Induktiver Effekt:

Falls die Nachbaratome eines positiv geladenen Atoms Elektronenspender sind können sie die positive Ladung teilweise neutralisieren und damit stabilisieren. Dieser Effekt wird "induktiver Effekt" genannt. Gruppen die Elektronen spenden, werden als +I-Gruppen bezeichnet, Gruppen die Elektronen abziehen als -I-Gruppen. +I-Gruppen stabilisieren ein positives Ion, -I-Gruppen destabilisieren es. Die am meisten verbreitete +I-Gruppe ist die Alkyl-Gruppe. Das erklärt auch die Tatsache dass das t-Butyl-Carbokation ausgesprochen stabil ist. Der induktive Effekt wirkt nur über maximal zwei Bindungen, ist als lokal sehr begrenzt.

-I Gruppen
+I Gruppen
-NO2 -CHO -RC=CR2 -CH3
- -COR - -CH2R
-COOH -F - -CHR2
-COOR -Cl -SO2OH -CR3
-OH -Br -SH
-OR -I -SR
C6H5 -CH=CH2 -NH2


Mesomerer Effekt:

Der mesomere Effekt tritt dann auf, wenn es im Molekül konjugierte Doppelbindungen gibt. Da die pi-Elektronen in konjugierten Systemen sehr leicht beweglich sind, können diese die positive Ladung über das gesamte konjugierte System verteilen ("delokalisieren"), was erheblich zur Stabilisierung eines positiven Ions beiträgt. Außerdem können Resonanzstrukturen (Strukturen, bei denen die Ladung zwischen den Atomen verschoben wird) zusätzlich zur Stabilisierung beitragen. Man nennt die Kombination von delokalisierter Ladung in konjugierten pi-Systemen und Resonanzstrukturen, den "mesomeren Effekt". Analog zum induktiven Effekt werden die Gruppen als +M- und -M-Gruppen bezeichnet. Eine +M-Gruppe stabilisiert eine positive Ladung, eine -M-Gruppe destabilisiert sie.

+M, -I Gruppen
-M, -I Gruppen
+M, +I Gruppen
-F -SH -NO2 -CONH2 CH3
-Cl -SR - -SO2R -CH2R
-BR -NH2 -CHO -CF3 -CHR2
-I -NHR -COR -CCl3 -CR3
-OH -NR2 -COOH
-OR -NHCOR -COOR
-OCOR -C6H5
-CH=CH2 -CH=CR2


Treten in einem Molekül sowohl der induktive als auch der mesomere Effekt auf, so überwiegt immer der mesomere Effekt.


Last Update: 2010-12-14